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ToggleDie Jig-Schiene ist eine sogenannte Front-Aufbiss-Schiene. Des Weiteren wird sie oft auch als Reflexschiene, Entspannungsschiene oder Relaxierungsbehelf bezeichnet. Sie dient der Entlastung aller Strukturen des Kausystems. Das Ziel der Schiene ist, Zähneknirschen und –pressen zu vermeiden und die Muskelfunktionen zu reduzieren.
Unsere Zähne benutzen wir nicht immer nur zur vorgesehenen Zerkleinerung von Nahrung. Vielmehr wird unser Kausystems – am Tag sowie in der Nacht – auch zum Stressabbau durch Zähneknirschen oder –pressen (Bruximus) genutzt. Die Kraft, die für diesen Stressabbau aufgebracht wird, ist um ein Vielfaches höher als die, die zur Verarbeitung von Nahrung benötigt wird. Schaut man sich das im Vergleich an, werden die Zähne bei der Nahrungsaufnahme nur etwa ganze 10 Minuten in Anspruch genommen, wohingegen bei einem Bruximus der Kauapparat täglich für mehrere Stunden belastet wird.
Genau dieser Kreislauf soll mit der Jig-Schiene durchbrochen werden. Der Bruximus geht nämlich weit über das Kausystem hinaus und beansprucht zudem den muskuloskelettalen Halteapparat. Die Jig-Schiene hat dafür ein kleines Plateau, d. h. im Bereich von 2 Schneidezähnen besitzt sie eine Aufbissfläche. Das kann man sich in etwa so vorstellen, als würde man auf ein Nahrungskörnchen aufbeißen, was in der Folge zu einem reflexartigen Vermindern der Kaukraft führt. So können unphysiologisch hohe Kräfte erst gar nicht entstehen. Damit zählt man die Jig-Schiene zu den sogenannten Reflexschienen. Im Vergleich zur Michigan-Schiene ist die Jig-Schiene also keine Positionierungsschiene, die den Unterkiefer in eine gleiche Position zum Oberkiefer einstellen soll.
Die Okklusalkontakte, also die Kontaktfläche der Seitenzähne, wird ein Aufbiss mittels Jig-Schiene der mittleren Schneidezähne verhindert. So werden Störkontakte im Kauflächenbereich der Seitenzähne ausgeschaltet. So können die Rezeptoren des Zahnhalteapparates keine Informationen mehr an das zentrale Nervensystem weiterleiten. Dies hat den positiven Nebeneffekt, dass keine Muskelkontraktionen zum Ausgleich dieser Störungen ausgelöst werden. Die Muskeln sind also entspannt.
Das kleine Plateau der Jig-Schiene im Frontzahnbereich verhindert, dass unnötig hohe Kaukräfte aufgebracht werden. Beißt man auf dieses Plateau, wird sofort ein Reflex ausgelöst, der den Mundschließer und auch die Nackenmuskulatur entspannt.
Sofern die Therapie mit einer Jig-Schiene erfolgreich verläuft, führt diese also zur Entspannung der Muskulatur. So stellt der Unterkiefer sich auf eine physiologische Position ein, die die Muskulatur entspannt und nicht der einer störenden Kontaktzone auf den Kauflächen.
Genau nach ähnlichem Prinzip arbeiten auch viele andere Schienen. Beispielsweise haben die Sved-Platte und die Hawley-Platte über den gesamten Frontzahnbereich ein solches Aufbissplateau. Bei der Entlastungsplatte nach Immenkamp werden nicht die Schneidezähne belastet, sondern die unteren beiden Eckzähne. Bei der Platte befinden sich dann also an diesen Stellen die kleinen Aufbissbereiche.
Anwendungsgebiete
- Häufig als Kurzzeittherapie gedacht, um eine Initialbehandlung muskulärer Dysfunktionen durchzuführen
- Zur raschen Entlastung des Kauapparates
- Bei nächtlichem Tragen zur Langzeittherapie
- Um die Muskelfunktion wieder zu normalisieren
- Um den Unterkiefer wieder richtig einzustellen und Muskelverspannungen zu vermeiden
Kontraindikationen
Insbesondere das permanente Tragen dieser Schiene, also nicht nur nachts, kann zur Verlängerung der oberen Seitenzähne (Extrusion) und das Eindringen der unteren Frontzähne (Intrusion) herbeiführen. Deshalb sollte darauf geachtet werden, dass die Tragezeit nicht länger als eineinhalb Wochen andauert.
Der Ablauf
Zunächst erstellt der Zahnarzt eine Abformung der beiden Kiefer. Zusätzlich fertigt er noch eine Gesichtsbogenanalyse an, um die individuelle Kiefergelenksposition ins Labor zu übermitteln. Eine Bissnahme wird ebenfalls noch genommen. Hier wird kontrolliert, wie der Kontakt zwischen den Zähnen im Ober- und Unterkiefer ist. Diese Lagebeziehung geht ebenfalls ins Labor.
Danach beginnt die Arbeit im zahntechnischen Labor. Zuerst wird ein Gipsmodell auf Basis des Abdruckes erstellt. Danach erfolgt die Modellmontage auf Grundlage des Gesichtsbogens und der Bissnahme. Das Herstellen einer Tiefziehschiene auf dem Oberkiefermodell folgt. Hierbei wird eine 1 mm dicke Kunststofffolie so lange erwärmt, dass sie im Vakuumverfahren dann über die Zähne des Gipsmodells gezogen werden kann. Diesen Vorgang bezeichnet man als „tief ziehen“.
Ist die Schiene ausgekühlt, werden die Schienenränder dahingehend angepasst, dass sie das Zahnfleisch nicht bedecken. Jedoch sollte sie noch so hoch über den Zahn gehen, dass ein Halt der Schiene gewährleistet werden kann. Die Schiene bekommt nun noch einen sogenannten Schlüssel. Dieser besteht aus Silikonabformmasse und befindet sich im vorderen Gaumenbereich, wo er eine Ebene zwischen den Frontzähnen und den vorderen Backenzähnen parallel zu den Kauflächen bildet. Nun wird im Bereich der mittleren Schneidezähne eine kleine Aussparung ausgeschnitten. Diese wird mit einem Kunststoff auf MMA-Basis (Methylmethacrylat) aufgefüllt. Nach der Aushärtung des MMA-Kunststoffes erfolgt die Ausarbeitung des Plateaus (Jig) und das Polieren.
Ist die Schiene fertiggestellt beim Zahnarzt, erfolgt die Einsetzung der Jig-Schiene. Es erfolgt eine Einweisung hinsichtlich des Tragens. Sie sollte nur nachts getragen werden. Tagsüber ist das Tragen der Jig-Schiene nicht empfehlenswert, da es das Sprechen erschwert. Während der Nahrungsaufnahme darf die Schiene nicht getragen werden.
Nach der Behandlung
War die Behandlung mit der Schiene erfolgreich und hat sich der Unterkiefer wieder in der neuen physiologischen Lage eingefunden, können weiterführende Therapiemaßnahmen wie Osteopathie, Physiotherapie, Maßnahmen zur Stressbewältigung, Funktionsdiagnostik etc. beginnen.
Mögliche Komplikationen
- Allergische Reaktion auf den MMA-Kunststoff.
- Folgen bei zu exzessivem Tragen: Intrusion (Eindringen) der mittleren unteren Schneidezähne bzw. Extrusion (Hinausstoßen) der oberen Seitenzähne.
Kostenübernahme der gesetzlichen Krankenkasse
Da die Jig-Schiene als funktionstherapeutisches Gerät gilt, werden die Kosten hierfür von der gesetzlichen Krankenkasse nicht übernommen.
Sonstige Fragen / Nutzerfragen
Was ist eine Jig-Schiene?
Die Jig-Schiene dient zur Entlastung sämtlicher Kausystemstrukturen. Ziel ist es, Muskelfunktionen zu normalisieren und Bruximus (Zähneknirschen und –pressen) zu verringern.
Wann Jig-Schiene wie lange tragen?
Die Jig-Schiene wird nicht auf Dauer getragen. Normalerweise sind in der Regel 6 Wochen ausreichend.
Fazit
Mittlerweile stellt die Behandlung mit oralen Schienen eine wichtige Säule bei der Behandlung von CMD und Bruximus-Patienten dar. Unter korrekter Herstellung und Trageweise können so eine Vielzahl von Beschwerden gelindert werden. Der Rhythmus des Tragens sollte sich hierbei nach dem Beschwerdebild richten.